Stefan Gödde (43) wurde in Paderborn geboren und wuchs in Rüthen im Kreis Soest auf. Seit 2009 moderiert er das Wissensmagazin „Galileo“ (ProSieben). Er wurde mit dem Deutschen Fernsehpreis und der Goldenen Kamera ausgezeichnet.
Herr Gödde, Sie sind als Journalist in der Welt herumgekommen. Aber verliebt haben Sie sich offensichtlich in Jerusalem. Den Eindruck hat man jedenfalls, wenn man Ihr Buch liest. Warum schwärmen Sie so für diese heilige Stadt?
Ich liebe diese wuselige Energie: In der Altstadt leben so viele Kulturen, Weltanschauungen und Religionen ganz dicht zusammen! Und dann die Geschichte dieser Stadt, die so dermaßen Christentum, Islam, Judentum und auch unsere Kultur geprägt hat – das ist einfach überwältigend. Ich habe echt schon viel gesehen in der Welt, aber ich wette: Diese Stadt lässt niemanden kalt.
Ich finde, New York ist auch ein irrer Schmelztiegel der Kulturen, aber ich habe mir nie das Empire State Building tätowieren lassen – wie Sie in Jerusalem ein Kreuz …
Mir geht die Stadt eben buchstäblich unter die Haut (lacht). Nein, im Ernst: In Jerusalem gibt es einen Tattoo-Laden, der seit dem Jahr 1300 Pilgern dieses Jerusalem-Kreuz tätowiert. Ich wollte ein Teil dieser uralten Tradition sein. Und weil ich auch ein Faible für Rom habe, habe ich mir vorher schon die italienischen Worte „Gesù, confido in Te“ tätowieren lassen – also: „Jesus, ich vertraue auf Dich.“
Für eine ganze Nacht haben Sie sich in der Jerusalemer Grabeskirche einschließen lassen, wo Jesus gestorben und auferstanden sein soll. Ist das nicht gruselig?
Gruselig war da gar nichts. Im Gegenteil! Tagsüber ist durch die vielen Pilger und Touristen so viel Trubel, dass ich das sogar etwas unpassend finde. Nachts ist es ruhig, meditativ. Ich war vor kurzem in Spitzbergen in der nördlichsten Kirche der Welt, die natürlich auch ein Kreuz hat. Und mir ging auf: Ist es nicht eigentlich unbegreiflich, dass alle Kreuze und Kirchen für 2,3 Milliarden Christen weltweit ihre Wurzeln in dieser Grabeskirche in Jerusalem haben? Dass das, was hier geschehen ist, eine solche Wirkung auch in der Kunst, in der Musik hat? Dann in Jerusalem vollkommen allein in dem Grab zu beten, in dem der gekreuzigte Jesus auferstanden sein soll – da kriege ich jetzt noch Gänsehaut.
Sie schreiben, Sie seien gläubiger Katholik. Was bedeutet es für Sie, katholisch zu sein?
Heimat, ganz einfach! Ich finde es faszinierend, in so ziemlich jedem Land der Welt in eine Kirche gehen zu können, die Messe dort mitzufeiern – und immer zuhause zu sein. Das ist katholisch im Wortsinn: allumfassend.
Sie sind in Paderborn geboren, am Rand des Sauerlands aufgewachsen, waren Pfadfinder und Messdiener. Wie hat Sie das geprägt? Wer war wichtig in Ihrer Kinder- und Jugendzeit?
Definitiv meine Oma in Remblinghausen bei Meschede. Sie hat mir nicht nur das Gebet „Engel des Herrn“ beigebracht, sondern selber viel gebetet. Messdiener und Pfadfinder war ich sehr gerne, natürlich auch, weil das im Sauerland so üblich war. Später wurde das mit dem Glauben streckenweise weniger. Aber als mir vor zehn Jahren bei einer lebensgefährlichen Dissektion eine Ader eingerissen ist, da habe ich überlegt: Kommt da noch was? Was ist wirklich wichtig – über Job, Geld, Wohnung und Auto hinaus? Ich glaube, es gibt tatsächlich mehr – und es kommt „danach“ definitiv noch was.
Apropos Geld: Mit Ihrem Buch verdienen Sie selber nichts, sondern geben den Erlös an das Benediktinerkloster Dormitio in Jerusalem. Warum?
Ich möchte einfach etwas zurückgeben von dem Schatz der Erfahrungen in Jerusalem. Außerdem habe ich die Mönche dort kennengelernt und finde deren Aktion „Ich trage deinen Namen in der Heiligen Nacht nach Bethlehem“ total schön. Auf der Homepage www.dormitio.net/engagement/weihnachtsaktion kann man sich in eine Papierrolle eintragen lassen, und dann bringen die Mönche sie in der Heiligen Nacht in die Geburtskirche nach Bethlehem. Man kann auch etwas spenden, muss es aber nicht. Ich möchte die Aktion bekannter machen – und sie eben auch finanziell unterstützen, zumal die Spenden an Menschen verschiedener Religionen und sowohl nach Israel als auch in die Palästinensergebiete gehen. Wenn ich damit etwas Gutes tun und mit meinem Buch viele ermutigen kann, selber ins Heilige Land zu reisen – umso besser. Es lohnt sich absolut!